Instrumentenkunde zum Lauschen und Ausprobieren

Im Musikunterricht der dritten Klasse der Grundschule am Wall stehen Orchesterinstrumente auf dem Lehrplan. Für Freitag den 11. Juli hat die Musiklehrerin Ulrike Andreae eine Exkursion ins Mündener Klanghaus geplant, um den Kindern die Gelegenheit zu geben, verschiedene Instrumente kennenzulernen und selber auszuprobieren. Gewandet nach Art der Spielleute in der Zeit der Renaissance holte Bettina Kallausch die Klasse mit ihrer Lehrerin in der ersten Pause in der Schule ab. Begleitet von den lieblichen Klängen der Gemshornflöte und dem trötenden Schall der Schalmei führte der kurze Weg vorbei am Rathaus. Die Kinder erfuhren, dass im Figurenumlauf oben an der Weserrenaissancefassade drei mal täglich im Gefolge von Dr. Eisenbarth auch ein Schalmeispieler zu sehen sei.

Im Klanghaus angekommen suchten sich alle Kinder einen Platz auf den vorbereiteten Yogamatten und Kissen. Das rhythmische Signal der Lehrerin funktionierte prima, die Kinder antworteten und es trat aufmerksame Stille ein:

Zunächst erleben die Kinder verschiedene Instrumente aus der Gruppe der Blasinstrumente. Ein tiefer durchdringender Ton erklingt. Vielleicht klangen so die Signalhörner der Lastkähne, die in Zeiten des Stapelrechtes in Hann. Münden ankamen und abfuhren. Dieses Instrument wurde aus dem Horn des amerikanischen Watussirindes gemacht. Solche Urhörner haben in der frühen Menschheitsgeschichte dazu gedient, über weite Entfernungen hörbare Signale zu geben erläutert Bettina Kallausch. Nachdem sie mit allen Kindern den „lächelnden Pfeifansatz“ geübt hat, dürfen einige Jungen und Mädchen selber versuchen, dem Watussihorn einen Ton zu entlocken. Das ist gar nicht so einfach, gelingt aber nach einigen Versuchen den meisten Kindern.

Die kleine Gemshornflöte haben die Kinder schon kennengelernt. Sie ist ebenfalls aus einem Rinderhorn gemacht, hat aber ein Mundstück und Schalllöcher wie eine Blockflöte. So kann man darauf viele bekannte Volkslieder spielen. Ein Junge weiß, dass dieses Instrument in die Familie der Holzblasinstrumente einzuordnen ist.

Am Beispiel einer nepalesischen Tempeltrompete und eines kleinen Taschenjagdhorns demonstriert Bettina Kallausch die Weiterentwicklung vom Signalhorn zu den Blechblasinstrumenten. Auf diesen einfachen Instrumenten kann man nur durch Veränderung des Atemdrucks und der Lippenspannung zum jeweiligen Grundton des Instrumentes höhere (Natur)Töne erzeugen. Für das Spiel im Orchester werden aber zusätzlich „Zwischentöne“ gebraucht. Bettina Kallausch zeigt am Beispiel einer Jazztrompete mit Pumpventilen, wie die Ventile den Weg des Luftstromes verlängern. Dadurch entstehen zusätzlich zu den Naturtönen des Instrumentes tiefere Zwischentöne.

Jetzt sind wieder die Kinder an der Reihe. Sie dürfen an zwei selbst gebauten „Übhörnern“ den richtigen Ansatz ausprobieren. Im Anfängerunterricht kann darauf die Erzeugung der Naturtöne geübt werden. Solche Instrumente kann man aus einem Blechbläsermundstück (erhältlich im Instrumentenhandel), einem Haushaltstrichter und einem Plastikschlauch aus dem Baumarkt sehr einfach nachbauen. Der Schlauch wird auf der einen Seite mit dem Mundstück und auf der anderen Seite mit dem Trichter verbunden. Der Schlauch wird dazwischen mehrfach gewickelt wie die Windungen eines Orchesterhorns und los geht’s. Die Jungen und Mädchen haben sichtlich Spaß daran, aus diesen Instrumenten erste Töne hervorzubringen.

Als nächstes wird den Kindern ein Instrument der Instrumentengruppe Saiteninstrumente, aus der Familie der Zupfinstrumente vorgestellt, die Harfe. Auf der selbst gebauten Böhmischen Harfe spielt Bettina Kallausch „Greensleeves“. Sie erzählt von den böhmischen Frauen, die in schlimmen Kriegszeiten mit ihren Harfen umhergezogen sind, um für das Überleben ihrer Familien zu sorgen. Solche Instrumente können Kinder unterstützt durch Elternteile selber bauen und dabei ganz individuell gestalten. Die vorgestellte Harfe „Aragon“ hat z.B. an der Spitze ihrer Vorderstange ein Mittelaltertürmchen. Die Kinder lernen, dass die bei diesem Instrument in Form von Ahornblättern ausgesägten Löcher auf der Rückseite des Schallkörpers, dem Resonanzboden, nicht nur als Schalllöcher gebraucht werden. Sollte einmal eine der 33 Saiten reißen, sind diese Öffnungen notwendig, um die Saite austauschen zu können. „Aragon“ hat auch Halbtonklappen, ähnlich wie die schwarzen Tasten beim Klavier. Bettina Kallausch zeigt den Kindern noch einen Nachbau einer älteren Form der Harfe. Die kleine Gotische Harfe hat 19 Saiten, keine Halbtonklappen und benötigt nur sehr kleine Öffunungen, die hier auf der Vorderseite des Schallkörpers liegen, weil die Saiten bei diesem Instrument mit kleinen hölzernen Saitenhaltern auf der Resonanzdecke befestigt werden. Die Form dieser Harfen erinnert an Engelsflügel.

Auf einem 12saitigen Kindermodell der Keltisch-irischen Harfe, die an der gebogenen Vorderstange erkennbar ist, dürfen einige Mädchen und Jungen das Harfenspiel ausprobieren. Kindern die bereits Klavier spielen, gelingt es auf Anhieb, fehlerfrei „Alle meine Entchen“ zu spielen. Aber auch Kinder ohne diese Vorerfahrung bekommen schnell heraus, wie das geht.

Da noch Zeit bleibt, stellt Bettina Kallausch noch einige weitere Instrumente des Klanghauses vor. Das von den australischen Ureinwohnern entwickelte Didgeridoo ist ein Blasinstrument mit einem ganz eigentümlichen tiefen Grundton über dem verschiedenste Obertöne erzeugt werden können. Ursprünglich wurde dieses Instrument aus von Termiten ausgehöhltem Eukalyptusholz gemacht. Auch die Stangen des Bambusgrases eignen sich gut als Klangkörper, weil sie schon weitgehend hohl sind. Einige der Didgeridoos aus dem Fundus des Klanghauses sind wunderschön bemalt mit traditionellen Mustern und Tieren. Um diesen Instrumenten Töne zu entlocken ist ein ganz anderer Ansatz erforderlich als bei den Blechblasinstrumenten. Nachdem alle Kinder mit der Übung „zufrieden schnaubendes Pferd“ die lockere Lippenstellung erprobt haben, dürfen sie das ausprobieren.

Ein ganz andersartiges Erlebnis bietet das Lauschen auf den Klang tibetischer Klangschalen. Die Kinder spüren, wie die Schallwellen einer auf dem Bauch aufgesetzten und sanft angespielten Klangschale durch den Körper fließen. Einige Mädchen haben Erfahrung mit Kinderyoga, gehen spontan in eine Meditationshaltung und schließen die Augen, um dem Klang besser lauschen zu können. Natürlich dürfen die Kinder auch selber probieren, die Schalen zum Klingen zu bringen.

Am Schluss nutzen zwei Schülerinnen die Gelegenheit, dass das Klanghaus auch über ein Klavier verfügt. Johanna Fehrensen und Malin Göttges spielen ihrer Klasse ein im Klavierunterricht von Sabina Richter eingeübtes Stück für vier Hände vor „Cabaret – The show begins“. Ein schöner Vorgeschmack auf viele künftige Kinderkonzerte in Hann. Münden und umzu. Großer Applaus! Wer möchte da nicht selber ein Instrument spielen lernen?

Astrid Burkhardt hat freundlicherweise die Erlebnisse dieser Exkursion in vielen zauberschönen Bildern festgehalten. Interessierte Eltern können bei Photo Burkhardt in der Langen Straße Abzüge bestellen.

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